Von Prof. Mag. Kuglitsch
So erwachte slowenisches NationalbewusstseinSeit Mitte des 19. Jahrhunderts erwachte das slowenische Nationalbewußtsein in Kärnten. Eine slowenisch-nationale Bewegung in Laibach forderte bereits um 1848 ein "Königreich Slowenien" mit der Angliederung großer Gebiete Südkärntens. |
Anton Slomsek, der "Apostel der Slowenen" geboren in der Untersteiermark, Bischof von Lavant von 1846-62, verfasste für die slowenisch-nationale Bewegung in Kärnten die ersten slowenischen Lesebücher zusammen mit dem Pfarrer Urban Jasnik aus Marburg. Slomsek und Jasnik waren sicherlich die Erwecker des slowenischen Nationalbewusstseins im 19. Jh. in Kärnten.
Den slowenisch-nationalen Geist im Priesterseminar in Klagenfurt, viele südsteirische Slowenen wurden dort auch ausgebildet, nahmen die jungen Priester hinaus in die Landpfarren und hatten auch entscheidenden Einfluß auf die Volksschulen in Kärnten.
Die slowenisch-nationale Bewegung in Laibach forderte um 1848 ein "Königreich Slowenien" mit Auflösung der alten Kronländer und auch der Angliederung großer Gebiete Südkärntens. Der Verfassungsentwurf für Kärnten vom 21. August 1848 im Reichstag von Wien erklärte im § 1 Kärnten als ein unteilbares Herzogtum. Der Grundsatz der Unteilbarkeit des Landes beherrschte fortan die Kärntner Landespolitik.
1851 wurde in Klagenfurt auf Anregung des Bischofs Slomsek der Verlag Hermagoras zur Herausgabe slowenischer Bücher gegründet, slowenische Fälschungen von Inschriften (Herzogstuhl) oder von deutschen Ortsnamen waren sehr häufig.
Für die sprachliche Entwicklung der Kärntner Volksschulen war im 19. Jh. von entscheidender Bedeutung, daß die Kenntnis der deutschen Sprache bei der windischen Bevölkerung ein allgemeines und zwingendes Bedürfnis war. Darum sprach sich sogar Slomsek 1851 für doppelsprachige Schulen im gemischtsprachigen Gebiet aus. Trotzdem wurden unter Schulinspektor Simon Rudmasch, einem slowenischen Geistlichen, von 1850-58 die Volksschulen weitgehend slowenisiert.
Die Versuche, die slowenische Amtssprache einzuführen, schlugen fehl, weil noch eine allgemein verständliche slowenische Schriftsprache fehlte und der "Krainer Dialekt den Windischen in Kärnten unverständlich war", so der Kärntner Slowene Millonig im Landtag. Die Einführung der Verfassungen von 1861 und 1867 hatte ein starkes Aufleben der nationalen Bewegungen der Slowenen zur Folge.
Aber anläßlich der Durchführung des Reichsvolksschulgesetzes von 1869 verlangten nahezu alle windischen Gemeinden eine sorgfältige Pflege der deutschen Sprache. So entstanden die doppelsprachigen oder utraquistischen Schulen.
Bischof Josef Kalm von Gurk, der die slowenische Sprache nicht beherrschte, hat während seiner langen Amtstätigkeit (1887-1910) die Slowenen sehr begünstigt. Im Jahre 1917 gab es in Kärnten unter 363 Weltpriestern 215 Deutsche und 148 Slowenen, unter diesen wiederum 79 Kärntner, 37 Krainer und Untersteirer, 29 Tschechen und 3 andere. 41 % der Weltgeistlichen waren Slawen, obwohl sich 1910 von der Kärntner Bevölkerung nur 21 % zur slowenischen Umgangssprache bekannt haben. Das politische Leben der nationalslowenisch gesinnten Menschen in Kärnten war vor allem geprägt von der in Krain gegründeten christlich sozialen slowenischen Volkspartei, die sich noch vor dem 1. Weltkrieg " Allslowenische Volkspartei" nannte.
Sie wollte ein trialistisches österreich-Ungarn-Südslawien, während die liberale slowenische-nationale Partei den Anschluß an das Königreich Serbien forderte. Die große Mehrheit der windischen Bevölkerung in Kärnten war jedoch nach wie vor deutschfreundlich, trotz vieler Versuche, sie in das Fahrwasser der Allslowenischen Volkspartei zu bringen. Diese forderte als Nordgrenze das an Südslawien anzugliedernde Gebiet von Kärnten eine Linie "nördlich von der Drau".
"Alle Menschen südlich dieser Grenze müßten ohne Rücksicht auf die politische Gesinnung an den südslawischen Staat angeschlossen werden", schreibt das slowenisch-nationale Blatt "Mir" (Friede) am 12. August 1912.
So schlugen die Wellen der slowenisch-nationalen Bewegung knapp vor Ausbruch des 1. Weltkrieges von Laibach über die Karawanken in das bisher verhältnismäßig noch ruhige Kärnten über. Während des 1. Weltkrieges sammelten slowenische Geistliche entgegen einem Erlaß von Bischof Hefter Unterschriften für die "Mai-Deklaration vom 30. Mai 1917, die die Abtretung Südkärntens an Slowenien innerhalb der Donaumonarchie zum Ziele hatte. Die unter ihrem Einfluß stehenden Jungfrauen- und Marienvereine taten sich besonders hervor, auch von der Kanzel wurde zur Unterschrift ermuntert. Von den 80 000 Kärntner mit windischer Umgangssprache unterschrieben 19 000, inklusive schulpflichtiger und noch nicht schulpflichtiger Kinder.
Kurz darauf erhoben von 263 Kärntner Gemeinden 239, darunter 35 gemischtsprachige, Einspruch gegen die Mai-Deklaration. 9 slowenische Gemeinden schlossen sich ihr an, 15 faßten keinen Beschluss.
Ohne tatkräftige Unterstützung aus Laibach hätte die südslawische Bewegung in Kärnten kaum Erfolge erzielen können. So standen beim Kärntner Abwehrkampf 1918-1920 auf der jugoslawischen Seite der kämpfenden Truppen nur sehr wenige Kärntner, wogegen die Kärntner Truppen aus Deutschen und Windischen aus allen Landesteilen und aus allen sozialen Schichten kamen.
Auch gerade das Verhalten der Arbeiterschaft und der Sozialdemokraten hat entscheidend zum Abwehrkampf und zum kärntnerischen Abstimmungssieg beigetragen. Dies kann man auch aus der Tatsache schließen, daß die Sozialdemokraten im Abstimmungsgebiet die mit Abstand stärkste Partei waren und über eine disziplinierte Anhängerschaft verfügte, die den Direktiven ihrer politischen Führung zu folgen bereit war. Angesichts des dem Selbstbestimmungsrecht der Völker hohnsprechenden Vergehens jugoslawischer Truppen von 1918-1920 in Kärnten, beschließt die Kärntner Landesregierung am 5. Dezember 1918 "dem Eindringen jugoslawischer Truppen mit allen Kräften entgegenzutreten".
"Der Abwehrkampf hat begonnen!"
Großangelegte Militäraktionen der Kärntner Einheiten befreiten 1918/1919 weite Teile Südkärntens. Die Kämpfe bewirken, daß die siegreichen Ententemächte in Paris auf Kärnten aufmerksam werden und besonders erweisen die Amerikaner Wilson, Coolidge und Miles der Kärntner Frage mit dem demokratischen Selbstbestimmungsrecht einen unschätzbaren Dienst, den man erst viel später zu würdigen lernte. Die Volksabstimmung in Kärnten wird in Paris am 21. Juni 1919 endgültig, trotz jugoslawischer Eroberungen und Proteste, beschlossen und fand am 10.10.1920 statt.
59 % der Stimmen entfielen auf Kärnten und der jungen Republik österreich, knapp 41 % auf Jugoslawien.
Dieses Ergebnis bedeutete einen Sieg der Heimatliebe, ein Bekenntnis zu einem freien und ungeteilten Kärnten. Deutsche und Windische Kärntnerinnen und Kärntner haben diesen Abstimmungssieg gemeinsam errungen.