Frau Petschnig, wie war das mit dem "Trutzlied" in der Abstimmungszeit?
Der Herr "Scheschko", der war beim Gericht angestellt, der hat uns Kinder zusammengesammelt und dann sangen wir. Herr "Scheschko" sagte, das wäre unser "Trutzlied". Wir sangen dieses Lied als Propaganda. Ich weiß aber nicht, wie dieses Lied entstanden ist. Musik war damals ja verboten, aber uns Kinder konnten sie nicht verjagen. Wenn wir Kinder Zeit hatten, sind wir halt zu jeder Keusche gelaufen und haben dieses Lied vorgetragen.
Meine Großmutter gab unserer Familie den Anstoß, heimattreu zu sein. Sie sagte: "Seid tapfer, treu, hilfsbereit, und pflichtbewusst". Großmutter selbst war in Ungarn geboren, sagte aber, dass ihr die Stadt Völkermarkt mittlerweile Heimat geworden wäre.
Im Jahre 1912 erbte meine leidgeprüfte Mutter (drei ihrer Kinder, sowie der Mann waren in kurzer Abfolge verstorben) von einer Frau, die sie damals pflegte, eine kleine Trafik. Um anfangen zu können, musste Mutter in Klagenfurt Geld aufleihen. Im Jahre 1918, damals war der Herr "Tscharfa" Bürgermeister, wurde sie gefragt ob sie Slowenisch oder Deutsch sei. Natürlich Deutsch, sagte meine Mutter, die in Wolfsberg aufgewachsen war - und schon war die Trafik wieder weg. Vom Jahre 1918 bis 1923 musste Mutter dann Gelder zurückzahlen, ohne ein Einkommen zu haben. Sie hielt uns mit Stricken, Flicken und dem verteilen von Zetteln über Wasser. Wir hatten während des Abwehrkampfes nichts außer unseren Glauben an die Kärntner Heimat.
Am Hemmaberg-Kirchtag 1920 trug sich folgendes zu:
Vor der Messe postierte sich Pfarrer Kachner aus Eberndorf vor der Hemmakirche mit gesammelten Prügelgardisten. Schon bevor eine Schlägerei losging, wurde er fotografiert.
Die Sänger der Kirchen Hemma-St. Philippen, St. Andrä und St. Simon sammelten sich nach altem Brauch vor der 400 Jahre alten Linde und begannen zu singen. Da stürmten die Prügler auf die Sänger und jagten diese den Berg hinab. Verletzungen der Sänger waren die Folge.
Einmal schrieb ich dem Bischof Kapellari einen Brief und berichtete ihm was während dieser Zeit tatsächlich geschah. Daraufhin besuchte mich der Bischof persönlich und ich zeigte ihm alle Unterlagen aus dieser Zeit.
Trutzlied - vor der Volksabstimmung 1920
Uns Kindern angelernt von Herrn Leo Scheschko. Musik war bei Strafe verboten. Katzenmusik der Kinder konnte man schwer verhindern. Die Katzen-Musi war aus Waschrumpel, Stecken, Graspfeiferln, Kuhschellen, Schellenkränzen und Kochdeckeltschinellen.
Die Kärntner Liedermarschmelodie, die Trommelschläge als Tra la la la la la la
Mia Karntna sein Grenza,
sein kreuzbrave Leut,
mia leab ma die Steira,
dö hom so viel Schneid.
Mir lieab ma die Tirola
de in den Hof einaschaun,
dö Salzburga Glockla
a-a das ist wahr, das ist wahr.
Blos unsare Nachbarn,
de schaun folschi drein,
ham ma wohl glittn,
bei all senan Gschrei.
Mit all senre Lieda
und ihren Getua
Hamt sie da draußn
ja Platz ghabt gnua.
Tra la la la la la la
Zum Dank für alles Das,
legn mir uns hiaz in Gras,
die falschn Sackra dee
vadianan richtig Schläg.
Vom Plöckn bis zum Pal
bis zur Petznhöh,
gibt jeda Karntna gern
sei Bluat und Leben hin,
wo blühan Blumalan rot.
auf Olman Schnee - auf Olman Schnee.
Tra la la la la la la
Karntna Volk, so frisch und frei,
ja glei Karntn mei Heimatland,
östareich , mei Vataland,
so muaß es bleibm,
andars war ah Schand!!
Wir damaligen Völkermarkter Kinder sangen das Trutzlied von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf. Goldbrunnhof war besetzt. Oschenitzen, St. Agnes, Lindenhof, Watzelsdorf, Unarach, Hainburg, St. Stefan, Helldorf, Trixen, St. Martin, Kaltenbrunn. Oft wurden wir verjagt.
Buben und Mädel waren wir, bunt gewürfelt. Raspottnig Magnet, Grum, Steinig, Lippnig, Cihlo, Wernitznig und noch andere, die sich nach dem Motto: Pick an, anschlossen. Es war ein lutstiges Werbesingen für die Einheit Kärntens. Wenn auch nur im engen Kreis um Völkermarkt, es half viel.
80 Jahre habe ich das Lied nie mehr gesungen, oder nur so als Melodie, selten mit Stücken des Textes. Aber!!! Am 9. Oktober in Klagenfurt, auf die Frage was wir Kinder zur Abstimmung beigetragen haben, fiel mir alten Frau das Trutzlied ein und ich sang es trotz Verlust meiner klaren Stimme ganz fehlerfrei wo blühan Blumalan rot. Trotzdem erhielt ich Applaus und bekam daraufhin liebe Besuche.